Das verlassene Boot am Strand by O'Dell Scott

Das verlassene Boot am Strand by O'Dell Scott

Autor:O'Dell, Scott [O'Dell, Scott]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


15

»Steinerne Hand« hatte den Sonntag abend nicht nur wegen der fiesta ausgewählt. Es war Vollmond, und man würde schneller vorankommen.

Es wurde eine sehr ruhige fiesta. Im Hof pendelten Laternen aus Buntpapier mit Kerzen darin; drei Jungen spielten Gitarre und einer Geige, und sogar die alten Leute tanz-ten. Es hätte eine fröhliche fiesta sein sollen, aber alle waren still, jeder hing seinen Gedanken nach. »Steinerne Hand« tanzte zuerst mit mir.

Ich war erst seit ein paar Monaten in der Mission, und er hatte mich von Anfang an mehr beachtet als die anderen Mädchen. Manchmal schenkte er mir eine Blume, die er im Garten gepflückt hatte. Nur die Patres durften im Garten Blumen pflücken. Ein anderes Mal brachte er mir Süßigkeiten aus der Küche, und auch das war eigentlich nicht erlaubt.

Wenn wir zusammen auf dem Feld arbeiteten oder tanzten, sprach er sehr wenig. Meistens fragte er mich, wo ich gelebt hätte, bevor ich in die Mission kam. Er fragte mich das immer wieder. Ich vermute, es fiel ihm nichts anderes ein. Manchmal band ich ihm mit meiner Antwort einen Bären auf.

Ich hatte keine Lust zu heiraten. Ich war vierzehn Jahre alt, und in diesem Alter heiraten die meisten Indianermädchen, aber ich wollte nicht.

Vor allem wollte ich Gito Cruz nicht heiraten. Mir gefiel weder seine Art zu sprechen noch seine Art zu schweigen; ich mochte seinen dünnen Schnurrbart nicht und auch nicht den Namen, den er sich gewählt hatte, und es ärgerte mich, wie er umherstolzierte. Es gab nichts an ihm, was mir gefallen hätte.

Meine Freundin Rosa meinte: »Du wirst dich an seinen Schnurrbart schon gewöhnen.«

»An den Schnurrbart vielleicht, aber nicht an alles andere«, antwortete ich. »Heirate du ihn doch.«

»Ich würde ihn nehmen, wenn er mich fragte«, sagte Rosa.

Als wir an diesem Abend zusammen tanzten, sagte »Steinerne Hand«: »Du hast mir von deiner Tante erzählt, die vielleicht von der Insel der blauen Delphine hierherkommt. Ich kann verstehen, daß du jetzt nicht fort willst, weil dann niemand da ist, den sie kennt. Das verstehe ich. Deshalb erwarte ich nicht von dir, daß du heute nacht mitkommst. Wenn ein Mond vorbei ist, werde ich dir Nachricht geben, wo wir sind. Dann kommst du mit deiner Tante zu uns. Ich schicke dir eine Karte, auf der unser Versteck eingezeichnet ist. «

»Ich werde es mir überlegen«, antwortete ich, aber ich wollte gar nicht wissen, wo er war und wie man dorthin gelangte.

Die fiesta war fast vorüber, und wir tanzten weiter miteinander und sprachen nur wenig.

Anita tanzte eine bamba, die ziemlich schwierig war, denn man mußte dabei einen Krug voll Wasser auf dem Kopf balancieren und mit dem Fuß ein Taschentuch vom Boden aufheben, das mit zwei Zipfeln zusammengeknotet war.

Dann tanzte Rosa mit »Steinerner Hand« einen jarabe, während alle anderen im Kreis um sie herumstanden und sangen. Rosa raffte ihre Röcke bis über die Knöchel hoch, um ein wenig mit ihren winzigen Füßen zu prahlen. Wir trommelten den Takt mit den Fersen.

Ein Junge hatte sich ein Dutzend Enteneier beschafft und sie ausgesaugt und dann mit Duftwasser gefüllt, das Rosa aus Kräutern herstellte.



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